Ein Blick hinter die Kulissen – Im Gespräch mit Markus Steffen
Interview und Transkript von Laura Luther
In wenigen Tagen ist es endlich soweit: Die 14. Filmmusiktage Sachsen-Anhalt finden wieder in Halle (Saale) statt und nach langem Warten diesmal wieder in Präsenz. Im Interview mit Markus Steffen, dem künstlerischen Leiter der Filmmusiktage, spricht er über die Vorbereitung der diesjährigen Veranstaltungen und welche Herausforderungen deren Organisation mit sich bringt. Wir schauen hinter die Kulissen eines der wohl wichtigsten Filmmusik-Festivals Deutschlands.
Wann haben Sie mit den Vorbereitungen für die diesjährigen Filmmusiktage angefangen und wie sehen diese aus?
Eigentlich fangen die Vorbereitungen für die Filmmusiktage immer dann an, wenn die vorherigen gerade vorbei sind. Man macht sich natürlich immer schon Gedanken, was man im nächsten Jahr verbessern kann und sammelt dazu Stimmen sowie Reaktionen von verschiedenen Personen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Finanzierung. Schließlich muss ja alles finanziert und bezahlt werden. Darum kümmern sich unsere Partner*innen der International Academy of Media and Arts Halle (IAMA), die als Träger der Filmmusiktage fungieren. Aber nicht nur wirtschaftlich gehen wir mit unseren Partner*innen Hand in Hand. Nachdem wir uns auf ein großes Überthema geeinigt haben, sprechen wir uns auch inhaltlich ab und arbeiten in verschiedenen Teams für Kongress, Masterclass, Galakonzert und den Zusatzveranstaltungen zusammen. Mit dem Kongress setzen sich zum Beispiel insbesondere Frau Susanne Vollberg und Herr Georg Maas auseinander. Es ist also eine stetige Zusammenarbeit vorhanden, die immer weiter intensiviert wird, je näher die Filmmusiktage rücken. Neben dem inhaltlichen Austausch und der Finalisierung unserer Pläne muss natürlich auch sehr viel logistisch koordiniert werden. Das heißt, z. B. Personen angesprochen und eingeladen werden, Reisen geplant und Hotels gebucht werden. All das darf selbstverständlich auch nicht vergessen werden.
Das Motto der diesjährigen Filmmusiktage ist „Zukunftsmusik – Film und Musik für die Welt von morgen“ sowie „Europa“ für das Galakonzert. Warum haben Sie sich im Team genau auf diese Themen geeinigt?
Am Anfang überlegt man natürlich, was sind die großen globalen Themen, die uns bewegen. Migration, Exil, Umwelt – letztendlich sind all diese Themen Probleme, wofür Menschen auf die Straße gehen. Bricht man das dann auf Sachsen-Anhalt herunter und schaut sich z. B. den Ausländeranteil in unserem Bundesland an, ist eigentlich ziemlich schnell klar, dass Europa ein ganz wichtiger Punkt ist. Auch in unserer Kreativbranche wird immer wieder sichtbar, wie eng wir alle eigentlich miteinander verbunden sind. So kann man heute kaum mehr sagen, dass ein Film z. B. nur aus Deutschland oder Frankreich kommt. Diese klare Trennung gibt es einfach nicht mehr. Wir sind da doch viel stärker kulturell miteinander verknüpft, als wir es manchmal wahrhaben wollen.
In der Medienbranche, in der die Filmmusiktage stattfinden, ist natürlich auch künstliche Intelligenz (KI) ein ganz wesentlicher Faktor. Denn wie wird es mit uns in Zukunft weitergehen und werden die Kreativschaffenden irgendwann mal durch KI ersetzt? Kann sie uns als Unterstützung dienen oder ist sie viel mehr eine Bedrohung, die wir heute noch gar nicht einschätzen können? All das sind solche Fragen, die besonders in der Kreativbranche eine wichtige Rolle spielen und sich daher gut im Rahmen unseres Kongresses stellen und diskutieren lassen.
Was ist die größte Herausforderung bei der Organisation der Filmmusiktage?
Natürlich ist immer die große Frage: Ist interessiertes Publikum da? Denn durch die Menschen und ihren Beifall werden wir bestärkt und dieser zeigt, dass wir unsere Arbeit gut gemacht haben. Deshalb ist die größte Herausforderung, Menschen für unsere Veranstaltungen zu begeistern und sie zum Kommen zu bewegen. In diesem Jahr ist es ganz besonders schwer. Durch Corona waren wir anderthalb Jahre weggeschlossen. Kultur in Präsenz gab es so gut wie nicht mehr und wir haben es uns alle zuhause mit Zoom, Netflix und Co. bequem gemacht. Deshalb muss man jetzt umso mehr die Menschen motivieren, wieder rauszugehen und Kultur live in Präsenz erleben zu wollen. Doch das ist leider oft nicht so leicht wie gedacht, da wir nicht immer wissen, an welcher Stelle wir ansetzen müssen, um die Besucher*innen zu mobilisieren.
Im letzten Jahr wurden die 13. Filmmusiktage leider nur digital veranstaltet. Was haben Sie dabei am meisten vermisst?
Das Feedback und die Interaktion mit dem Publikum. Die Digitalität hat zwar einige Vorteile, weil man dadurch ganz anders arbeiten kann. Allerdings macht diese auch die Diskussion und die Kommunikation mit den Gästen schwieriger. Besonders für die Vortragenden und Musiker*innen ist die Resonanz vom Publikum extrem wichtig und motiviert sogar, oft noch bessere Leistungen zu zeigen und stärker Emotionen miteinfließen zu lassen. Genau diese essentiellen Reaktionen des Publikums sind online leider nur sehr schwer einzufordern. Deshalb bin ich immer ein Freund von Präsenz. Die ganzen Online-Möglichkeiten sind schön und oft hilfreich, aber sie sollen als Unterstützung dienen und nicht als Ersatz.
Die Filmmusiktage werden seit 2008 jedes Jahr in Halle veranstaltet. Gibt es seitdem Veränderungen bei der Umsetzung, sowohl im positiven als auch negativen Sinne?
Also vorteilhaft ist, dass wir größer geworden sind. Heute haben wir mehr Angebote als früher und wir durften wachsen. Die Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt hat dabei sehr geholfen. Kurzum sind wir mittlerweile zu einem der wichtigsten Festivals für Filmmusik in Deutschland geworden und haben in dem Bereich Beachtung gefunden. Nach wie vor traurig stimmt mich aber, dass die Filmmusik-Szene immer noch einen schwierigen Stand in der Gesellschaft hat und stets um Aufmerksamkeit ringen muss, obwohl sie auch ein sehr wichtiger wirtschaftlicher Faktor ist. Filmmusik wird leider oft nur als Beiwerk gesehen, besonders auch in der eigenen Film- und Kreativbranche. Eine Gleichbehandlung und -berücksichtigung der Komponist*innen wäre hier zumindest angezeigt und dringend notwendig.
An welche Momente der vergangenen Filmmusiktage erinnern Sie sich gern zurück?
Es ist selbstverständlich immer schön, wenn Prominenz da ist und interessante Vorträge sowie Musikbeiträge gezeigt werden. Sowas bleibt lange in Erinnerung und man schaut sich diese Momente auch gern Jahre später immer wieder an. Jede Ausgabe der Filmmusiktage hatte eine ganz eigene Farbe und einen einzigartigen Charakter. Einmal war es z. B. sehr jugend-lastig, ein anderes Mal waren die Solist*innen beim Galakonzert super und haben das Publikum sofort mitgerissen… Das sind alles Momente, die man emotional nicht beschreiben, sondern einfach nur erleben kann. An solche Augenblicke denke ich gern zurück, auch wenn ich oft gar nicht mehr weiß, in welchem Jahr sie eigentlich stattgefunden haben.
Jetzt sind es nur noch wenige Tage bis zum Kongress und dem Galakonzert. Wie ist der aktuelle Stand der Vorbereitungen und was muss bis dahin noch alles organisiert werden?
Also der Kongress steht zu 80%. Aber so wie immer sagen Personen auch kurzfristig ab und man braucht dann spontan Ersatz. Daher wird am Programm natürlich immer weiter gefeilt. Das Gleiche gilt für das Galakonzert. Die Idee „Europa“ und das Grundgerüst stehen. Aber jetzt müssen z. B. die Gästeliste geklärt, Ausstattung beschafft und vor allem die Musiknoten besorgt werden. Denn viele Stücke in der Filmmusik liegen gar nicht als Noten vor. Das heißt, man muss sie neu arrangieren und schreiben lassen. Dafür braucht man natürlich die richtigen Personen, die sowas können und vor allem auch kurzfristig Zeit dafür haben. Kurzum, wir haben eine festgelegte Deadline und wir müssen in unserer Arbeit pünktlich sein. Jetzt zählt eigentlich jeder einzelne Tag und wenn ein Problem erscheint, sollte man es zeitnah angehen und die Lösung dafür sofort auf den Weg bringen.
Welche der diesjährigen Veranstaltungen sind aus Ihrer Sicht für die Besucher*innen besonders empfehlenswert?
Das Galakonzert am 6. November ist natürlich für eine breitere Öffentlichkeit perfekt. Dadurch, dass wir dieses Jahr aber mehrere Konzerte veranstalten, ist außerdem auch das Stummfilmkonzert in der Neukomposition von Emmy-Gewinner Jeff Beal am 19. November für alle lohnenswert. Wer also beim Galakonzert leider nicht dabei sein kann, sollte bei dieser Veranstaltung unbedingt vorbeikommen und sich die Arbeit von Jeff Beal und des Bundesjazzorchesters anhören.
Aber der Kongress ist selbstverständlich genauso wichtig. Jedoch ist er durch die verschiedenen wissenschaftlichen Fachvorträge und Diskussionen besonders für Personen innerhalb der Branche sowie Studierende interessant. Man muss schon sehr stark in den Themen drinstecken. Insofern dient der Kongress mit all seinen unterschiedlichen Themen vor allem als Hilfestellung und Erweiterung des Wissensstandes und kann als spannender Impulsgeber für die eigene zukünftige praktische Arbeit dienen.
Vielen Dank für das Interview und Ihre Zeit!